
In Vigo, Galizien, wird das Jahr 2025 in die Bücher der Industriegeschichte eingehen. Der spanische Standort von Stellantis bereitet sich darauf vor, die Marke von 600.000 produzierten Fahrzeugen zu überschreiten, ein absoluter Rekord, und das in einem Umfeld, in dem der europäische Automobilmarkt alles andere als blühend ist. Diese Zahl ist umso spektakulärer, als sie Vigo eine fast hegemoniale Position innerhalb des Konzerns verschafft. Das Werk allein wird fast so viel produzieren wie alle fünf französischen Standorte zusammen. Und vor allem: doppelt so viel wie in ganz Italien.
Nach einem komplizierten ersten Halbjahr, das von der Verlangsamung des deutschen Marktes und Lieferengpässen geprägt war, lief die Vigo-Maschine ab dem Spätsommer wieder auf Hochtouren. Heute rollt jede Minute ein Auto vom Band. Vier Schichten, mehr als 2.000 Fahrzeuge pro Tag, ein Tempo, das nur wenige europäische Standorte für sich beanspruchen können. Dieser Erfolg beruht auf mehreren Säulen: der kommerziellen Stärke des Peugeot 2008, der anhaltenden Nachfrage nach leichten Multimarken-Nutzfahrzeugen, aber auch auf Energiekosten, die weitaus wettbewerbsfähiger sind als in Frankreich oder Italien. Vigo ist nicht nur ein leistungsstarkes Werk, sondern hat sich zum schlagenden industriellen Herzen von Stellantis in Europa entwickelt.s
Frankreich bremst, ohne zu kollabieren
In Frankreich sieht das Schauspiel ganz anders aus. Weniger brutal, aber ebenso aufschlussreich für einen tiefgreifenden Wandel. Nach Angaben der Gewerkschaften und mehrerer interner Dokumente Stellantis geht davon aus, dass die französische Produktion bis 2028 um etwa 11 % zurückgehen wird. Ein schrittweiser Rückgang, der jedoch sehr real ist.
Die fünf großen Standorte in Frankreich werden voraussichtlich innerhalb von drei Jahren unter die Marke von 600.000 Fahrzeugen fallen. Das Werk in Poissy konzentriert heute alle Sorgen: verlangsamte Aktivität, veraltete Modelle, unklare industrielle Zukunft. Auch wenn sich die Geschäftsleitung bemüht, zu beruhigen, ist das Unbehagen spürbar. Die Verlangsamung ist Teil einer umfassenderen Strategie, die vom neuen Konzernchef Antonio Filosa diktiert wird, der den von der Ära Tavares geerbten Elektrokurs grundlegend überarbeitet hat. Der Schwerpunkt liegt nunmehr auf Verbrennungsmotoren und Hybriden, nicht mehr auf dem reinen Elektroantrieb. Ein strategischer Schwenk, der einige Märkte stabilisiert, Frankreich jedoch in einer unkomfortablen Position belässt: weder ein Katastrophenfall noch ein Gewinner.
Italien, in der roten Industriezone
In Italien ist die Situation am kritischsten. Die Zahlen sind eindeutig. Im dritten Quartal 2025 sank die Produktion um mehr als 31 %, und das Gesamtjahr wird voraussichtlich bei rund 310.000 Fahrzeugen enden. Die Produktion hat sich in den letzten 15 Jahren halbiert. Schlimmer noch: Die Pkw-Produktion könnte auf unter 200.000 Einheiten fallen.
Alle großen italienischen Fabriken sind betroffen. Mirafiori ist chronisch unterbeschäftigt, es gibt ganze Tage, an denen nicht produziert wird. Die Maserati-Linien laufen auf Sparflamme, Cassino verzeichnet sein historisch schlechtestes Jahr, Melfi hat im Vergleich zur Vor-Covid-Ära fast 90 % an Volumen verloren, Pomigliano ist nun fast ausschließlich vom Panda abhängig, während Atessa unter dem abrupten Rückgang bei den Nutzfahrzeugen leidet. Die direkte Folge ist sozial: Fast die Hälfte der italienischen Beschäftigten des Konzerns ist heute von Kurzarbeits- oder Solidaritätsregelungen betroffen. Eine ganze Branche im Apnoe-Modus
In dieser düsteren Landschaft ist Italien nicht völlig perspektivlos. Drei kurzfristige Projekte tragen noch die Hoffnung auf einen Aufschwung in sich. In Melfi wird der neue Jeep Compass, der auch als Hybridmodell erhältlich sein wird, als Hebel zur Wiederbelebung der Industrie erwartet. In Pomigliano d'Arco soll das Restyling des Alfa Romeo Tonale die Stückzahlen wieder ankurbeln. In Mirafiori könnte die Einführung des Fiat 500 Hybrid den Beginn einer allmählichen Überwindung der Talsohle markieren. Angesichts des Ausmaßes des Rückgangs bleiben diese Projekte jedoch bescheiden. Sie allein werden die Jahre der Desinvestitionen, der erratischen strategischen Entscheidungen und der verlorenen industriellen Wetten nicht ausgleichen.
Mitte 2026: Das große Urteil
Ganz Industrie-Italien wartet nun auf eines: den von Antonio Filosa versprochenen Industrieplan, der für Mitte 2026 geplant ist. Dies wird der letzte Glaubwürdigkeitstest für Stellantis sein. Gigafactory in Termoli auf Eis gelegt, Zukunft von Maserati noch ungewiss, Investitionen verschoben, Plattformen verschoben: Die Signale der letzten Jahre haben das Vertrauen der Beschäftigten, der Zulieferer und der Gebiete weitgehend erschüttert.
Der Abstand zwischen Spanien und Italien ist nicht mehr nur eine Frage der Produktivität. Er ist politisch, strategisch, fast schon symbolisch geworden. Während Vigo auf Hochtouren läuft, beobachtet Italien seine stillstehenden Linien. Und angesichts dieses zersplitterten Automobileuropas drängt sich eine Realität auf: Bei Stellantis spielen eindeutig nicht mehr alle Länder in der gleichen Liga.
Vielleicht kann mich jemand aufklären, aber ich verstehe einfach nicht, wie Grande Panda nicht in Italien produziert werden konnte. Its not a cheap car, not Dacia Spring cheap, & at least that way production could have been handled properly! Wenn Stellantis nicht in der Lage ist, ein Auto wie den Grande Panda in Italien zu produzieren und einen Gewinn zu machen, dann ist etwas sehr falsch!